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Der Lange Weg Nach Westen - Deutsche Geschichte...


Der lange Weg nach Westen ist eine Darstellung deutscher Geschichte von 1806 bis 1990 in zwei Bänden. Autor des Buches ist der deutsche Historiker Heinrich August Winkler. Das im Jahr 2000 im Verlag C. H. Beck erschienene Werk setzt sich mit der Frage des Deutschen Sonderweges auseinander und schildert den Weg zu einem deutschen Nationalstaat und zur Demokratie in Deutschland.




Der lange Weg nach Westen - Deutsche Geschichte...



Der erste Band Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik behandelt die Geschichte Deutschlands nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten unter Adolf Hitler am 30. Januar 1933.


In den Ausführungen zur Nachkriegsgeschichte werden die Probleme eines politischen Metanarrativs wie z. B. Winklers politikgeschichtliche Herangehensweise in Form einer Diskursanalyse der wechselnden Geschichtsdeutungen als solchem deutlich. Vor allem im Abschnitt über die Bundesrepublik geht die politische Diskursgeschichte weitgehend in einer Beschreibung der Kabinette, Krisen und Kompromisse unter. Auch bleibt der im Untertitel des Buches angesprochene Begriff des "Westens" unterreflektiert, d.h. die politische Westbindung wird vergleichsweise kurz behandelt, die europäische Integration taucht nur am Rande auf, und der kulturelle Hintergrund der Vorstellungen eines christlichen Abendlandes oder einer anglo-amerikanischen Konsumkultur kommt kaum in den Blick. Die Hauptthese einer Verwestlichung wird auf die Veränderung des Geschichtsverständnisses reduziert, ohne andere habituelle und kulturelle Dimensionen genügend zu berücksichtigen, und die verständliche Kritik an Vorstellungen von "postnationaler Demokratie" verhindert eine positive Beurteilung von Traditionsbrüchen wie der Entmilitarisierung, Entnationalisierung und Entstaatlichung. Aus der Perspektive der Totalitarismustheorie geschrieben, ist die Darstellung der DDR zu sehr auf das repressive Regierungssystem bezogen, um die widersprüchlichen Alltagserfahrungen der Ostdeutschen in den Blick zu bekommen. Die Schilderung der Vereinigung als Wechselwirkung von innenpolitischer und aussenpolitischer Dynamik ist kompetent, betont jedoch das Ende der diversen Sonderwege und die "Ankunft im Westen" etwas zu apodiktisch. Die widersprüchlichen Prozesse der Neuorientierung politischer Kultur nach den Katastrophen kommen trotz der Erwähnung intellektueller Auseinandersetzungen nur wenig in den Blick.


Problematisch ist dieser darstellerische Kraftakt jedoch zugleich, weil er eine Interpretation deutscher Geschichte anbietet, deren Prämissen zu oft unhinterfragt bleiben. Auch in demokratisiertem Gewande bleibt der Versuch einer Erneuerung einer nationalen Meistererzählung kontrovers, weil der auf Ereignisabfolge konzentrierte narrative Duktus die Vergangenheit glättet, ihre fundamentalen Brüche ignoriert und eine einzige Handlungslinie gegenüber der Vielfalt erlebter Geschichten privilegiert. Die Politiklastigkeit dieser Darstellung, die eine ausgesprochene Vorliebe für lange Zitate aus Politikerreden oder Intellektuellenessays zeigt, vernachlässigt soziale Veränderungen und kulturelle Entwicklungen und verarmt dadurch das Verständnis von Nation und Demokratie. Gleichzeitig erschwert der bildungsbürgerliche Verzicht auf Anschauungsmaterial wie Bilder, Karten und Statistiken dem allgemeinen Leser den Zugang. Schliesslich, und dies ist der gravierendste Einwand, setzt das Metanarrativ des Sonderwegs den Westen als selbstverständlichen Wertmassstab, ohne seine eigene, besonders von postkolonialen Studien hervorgehobene, Unvollkommenheit ernsthaft zu thematisieren, vergleicht also die reale deutsche Entwicklung mit einer eher imaginierten westlichen Idealgeschichte. Eine solche Perspektive kann wichtige Stadien der politischen Entwicklung auf das Vorbild des westlichen demokratischen Nationalstaates hin kenntnisreich beschreiben, aber den selbstgestellten Anspruch einer Erklärung der Hintergründe und Ursachen seines letztlichen Erfolges nicht eigentlich erfüllen.


Heinrich August Winkler hat eine dramatische, spannend zu lesende deutsche Geschichte vorgelegt. Er greift auf die Quellen zurück, um die Beweggründe der Handelnden freizulegen und die Geschichtsbilder nachzuzeichnen, von denen sie sich leiten ließen.


Heinrich August Winkler ist als Autor der Meisterwerke Der lange Weg nach Westen und Geschichte des Westens berühmt geworden. Seine Bücher gelten als Inbegriff von historischer Sachkenntnis, klarem politischen Urteil und einer hervorragend lesbaren Sprache. Nach den großen Standardwerken, die mit einer Gesamtauflage von über 250 000 Exemplaren Bestsellerdimensionen erreicht haben, legt einer der prominentesten Historiker Deutschlands nun ein Hörbuch von radikaler Kürze vor: Wer keine Zeit für die deutsche Vergangenheit zu haben glaubt, der kann sich nun in knappster Form einen Meisterkurs genehmigen.


Es gibt bequemere Nationalgeschichten als die deutsche. Aber nicht nur die großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts wirken bis in die aktuellen Debatten nach und prägen deutsche Politik und deutsches Selbstverständnis. Auch ältere historische Ereignisse wie die Reichsgeschichte, die Reformation oder der Konflikt zwischen Einheit und Freiheit im 19. Jahrhundert haben Deutschland tief geprägt. Es bedarf eines großen Historikers, um die Tiefenschärfe all dieser Entwicklungen konzise zu beschreiben und zugleich in greifbare politische Lektionen für die Gegenwart zu übersetzen. Heinrich August Winkler hat mit Wie wir wurden, was wir sind die Deutsche Geschichte für aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger geschrieben.


Anderthalb Jahrzehnte nach der Vereinigung sind ost- und westdeutsche Vorstellungen der Nachkriegsgeschichte noch immer de facto getrennt. Meinungsumfragen belegen, dass die Bevölkerung wenig über die Entwicklung der jeweils anderen Seite weiß und dass nur die Umrisse von Großereignissen wie Mauerbau oder Studentenrevolte bekannt sind.2 Auch die Darstellung der DDR-Vergangenheit in Schulbüchern ist oft schemenhaft und plakativ, bietet also den Schülern im Westen kaum Anregungen für ein differenziertes Verständnis und verstärkt die Abwehrreflexe der älteren Lehrer im Osten.3 In den Universitäten behandeln Veranstaltungen über die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts meist nur die alte Bundesrepublik, und die Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR bleibt weitgehend auf die neuen Bundesländer beschränkt.4 Der Aufruf von Bundestagspräsident Thierse, sich gegenseitig die jeweils eigenen Lebensgeschichten zu erzählen, scheint nur wenig gefruchtet zu haben.5


Das Ausbleiben einer umfassenden Darstellung der gesamtdeutschen Geschichte nach 1945 deutet, neben der Unbeweglichkeit der Wissenschaft, auf inhärente Schwierigkeiten hin. Im Gegensatz zum Totalitarismusbegriff, der NS- und SED-Herrschaft verbindet, fehlt außer dem diskreditierten Systemvergleich ein theoretischer Ansatz, der Diktatur und Demokratie miteinander in Beziehung setzen könnte. Ist eine integrierte Nachkriegsgeschichte überhaupt möglich, oder sind die getrennten Vergangenheiten und Erinnerungen zu disparat, um auf einen Nenner gebracht zu werden? Wird dabei die westliche Erfolgsgeschichte notwendigerweise zur Hauptlinie, und wie ist die Bundesrepublik nach ihrer Erweiterung zu historisieren?13 Welche Rolle bleibt dann noch für die Geschichte der DDR - wird sie frei nach Stefan Heym zur Fußnote der Weltgeschichte, bildet sie wenigstens ein Kapitel oder bleibt sie doch ein eigenständiger, nicht integrierbarer Text?14 Von der Beantwortung dieser Fragen nach Ansätzen, Kategorien und Erzählsträngen hängt die Ausrichtung der wissenschaftlichen Forschung wie des gesellschaftlichen Gedächtnisses insgesamt ab.


Neben den charakteristischen Faktoren der Abgrenzung haben aber auch diverse Formen der asymmetrischen Verflechtung die Nachkriegsgeschichte in allen Phasen bestimmt. Die dichotomische Konstellation der Zweistaatlichkeit erfasst die spezifische deutsche Situation im Ost-West-Konflikt nur unzureichend, da diese zugleich durch eine beziehungsgeschichtliche Sequenz geprägt ist. Damit ist nicht eine gewissermaßen latente Nationalgeschichte gemeint, sondern eine Sondersituation im Nachkriegseuropa, die von anderen Völkern in dieser Form nicht geteilt wurde. So waren in der Bundesrepublik auch nach dem Verblassen der Wiedervereinigungsrhetorik die Beibehaltung des 17. Juni als eines nationalen Feiertags, die sofortige Aufnahme der DDR-Flüchtlinge sowie die periodischen Berichte zur Lage der Nation Indizien einer fortgesetzten Ostbezogenheit. Trotz der Betonung eigener Staatsbürgerschaft blieb auch die DDR-Regierung auf westdeutsche Wirtschaftshilfe angewiesen und dachte weiterhin in gesamtdeutschen Kategorien. Im Gegensatz zur Verabschiedung der Österreicher aus der deutschen Geschichte blieben Bundesrepublik und DDR aufeinander fixiert.30


Diese Stichworte zu einigen Ereignissträngen illustrieren die mannigfachen Schwierigkeiten einer Integration deutscher Nachkriegsgeschichten. Statt an einer narrativen Einheitsperspektive festzuhalten, verlangt die widersprüchliche Entwicklung wechselnde Blickwinkel, die sich an sukzessiven Problemlagen orientieren. Jedoch sollten die oben genannten Entwicklungsschübe, mit denen die deutsche Geschichte nach 1945 ihre doppelte Gestalt angenommen hat, nicht als starre Periodisierungsabschnitte verstanden werden, sondern als fortwirkende Faktoren, die sich zu bestimmten Zeiten in jeweils unterschiedlicher Gewichtung überlagert und dadurch quasi-sedimentäre Muster ausgebildet haben. Für die gesamte Nachkriegsgeschichte konstituieren diese Prägekräfte wechselnde Bedingungen, mit denen sich die Deutschen als Individuen und Gesellschaften immer wieder auseinandersetzen mussten, um ihre Existenz bestimmen zu können.41 Nur eine komplexe Anordnung von sich überschneidenden Ereignissequenzen kann die beiden Geschichten ohne Zwang zusammenführen. 041b061a72


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